Smart Meyer
Eine neue Chancen-, Produkt- und Umsatzwelle rollt auf die Wirtschaft zu: Smart Textiles. US-Analysten signalisieren mit Blick auf Weareables und Anwendungen rund um die Themen Automotive, Architektur, Produktion und Gesundheit jährliche Wachstumsraten bis zu 40 Prozent. Vor diesem Hintergrund konnte das vom FKT mitveranstaltete 4. Anwenderforum Smart Textiles Ende Februar in Papenburg nur gelingen. Und tatsächlich: 160 Tagungsteilnehmer aus Forschung und Industrie füllten das Kongresszentrum "Alte Werft" ebenso wie am Abend zuvor das Besucherzentrum der Meyer Werft. Besonders bemerkenswert: Einige Smart Textiles-Experten und -Interessenten reisten sogar aus Taiwan, den USA und Zypern an, Vertreter aus Österreich, der Schweiz und Dänemark inklusive.
Kindergartenkinder von heute werden mit einer ganzen Palette intelligenter Textilien aufwachsen: Leuchtende Rucksäcke, wärmende Bekleidung, Armbänder zur Erfassung von Vitalparametern. In wenigen Jahren werden Fahrgastzellen und vielleicht auch individuelle Wohnräume über stimmungs- oder jahreszeitabhängige textile Beleuchtung verfügen. Die Bekleidung wird zum Kommunikationszentrum: Wer seinen linken Ärmel berührt, ruft damit womöglich seine neuesten E-Mails ab, ein Touch in Schlüsselbeinhöhe sorgt vielleicht für ein neues Umgebungsfoto. In wenigen Jahren tragen Arbeiter Handschuhe oder Berufsbekleidung, die die Arbeitsumgebung detektieren und unablässig wichtige Raum- oder Werkstückdaten erfassen. Autofahrer benutzen ihren Gurt zum Telefonieren; Heizgewebe kommen Sportlern und Freizeitaktivisten zugute.
Was kann man von beheizbaren, leuchtenden, informierenden, sensorischen und anderen elektrisch leitenden Textilien erwarten? Vor allem Produktinnovationen, weil - so FKT-Chef Dr. Klaus Jansen zur Eröffnung - Textilien demnächst zur Schnittstelle direkt am Menschen werden. Die so generierten Daten werden das Internet der Dinge ebenso beflügeln wie auch die Thematik Industrie 4.0. Smart Textiles sind plötzlich in vieler Munde, zumal die deutsche Textilforschung mit Instituten in Aachen, Chemnitz, Denkendorf, Greiz und Mönchengladbach zu diesem Thema langjährigen und vor allem hoch innovativen Input gibt. Zahlreiche Mittelständler, die zum Forum nach Papenburg gekommen waren, wollen davon profitieren.
Die Airbus Group, so Dr. Christian Weimar, sieht zum Stichwort "smart multifunctional" im Flugzeugbau mannigfaltige Ansätze: Rumpfteile beispielsweise, in die Funktionen integriert sind, oder Kabinen-Innovationen auch auf der Basis von Smart Textiles oder 3D gedruckte Faserstrukturen. Die gastgebende Meyer Werft mit 4.500 Beschäftigten an den Standorten Papenburg und Turku (Kreuzfahrtschiffe) und Stralsund (Schiffe für Flusskreuzfahren) ist nach den Worten von Forschungschef Hermann-Josef Mammes offen für Smart Textiles-Anwendungen. Das Unternehmen selbst war und ist in zwei entsprechenden Entwicklungsprojekten tätig. U. a. geht es dabei um die Entwicklung von interaktiver Berufsbekleidung für Werftarbeiter, die dann Alarm schlägt, wenn das individuelle Maß an zumutbarer körperlicher Arbeit überschritten wird.