Textilbeton bald auf dem Siegertreppchen?
Eine originär deutsche Erfolgsgeschichte, die ihre Wurzeln vor allem auch in Sachsen hat, ist jetzt in den "Kreis der Besten" - den Anwärtern auf den diesjährigen Deutschen Zukunftspreis - aufgenommen worden. Ob der "Stahl des 21. Jahrhunderts", wie der seit 20 Jahren entwickelte und jetzt durch den Carbon-Cluster zur Einsatzreife getrimmte Textilbeton halblyrisch genannt wird, am 30. November vom Bundespräsidenten den Preis für Technik und Innovation bekommt, bleibt abzuwarten.
Nominiert sind drei "Väter" dieser Entwicklung, die Armierungsstahl durch Faserverbundgelege im Beton ersetzt: die Professoren Manfred Curbach, Direktor des Institutes für Massivbau der Technischen Universität Dresden, Chokri Cherif, Direktor des Institutes für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik, sowie der emeritierte Professor Peter Offermann, heute Vorstandsvorsitzender des Verbandes Tudalit und Beirat im Deutschen Zentrum Textilbeton. Die Wissenschaftler gehören zu den führenden Köpfen bei der Erforschung von Carbonbeton und treiben die Einführung des Werkstoffes auf den Markt erfolgreich voran. Ihnen ist es gelungen, eine korrosionsbeständige und ressourcensparende Alternative zum herkömmlichen Stahlbeton zu entwickeln. Mit dem faszinierenden Verbundmaterial Carbonbeton – einer Kombination aus Spezialbeton und Carbonfasern – markieren sie den Anfang einer neuen Bau-Ära.
Ca. 50.000 einzelne Fasern, die deutlich dünner sind als ein menschliches Haar, werden dabei zu einem Garn zusammengefasst und in einem Verfahren zu einer Gitterstruktur verarbeitet und beschichtet. Im Vergleich zum Stahl ist Carbon viermal leichter und sechsmal tragfähiger. Textilbeton ermöglicht filigraneres Bauen und vor allem eine weitaus längere Lebensdauer von Brücken, Fassaden und Gebäuden.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das enorme Potenzial des Verbundwerkstoffes Carbonbeton erkannt und fördert seit 2014 das interdisziplinäre Bauforschungsprojekt C³ – Carbon Concrete Composite e. V. mit bis zu 45 Millionen Euro. Etwa 23 Millionen Euro Eigenmittel kommen zusätzlich von den beteiligten 145 Partnern hinzu. Die Konsortialführung obliegt dabei der Technischen Universität Dresden unter dem Vorsitz von Manfred Curbach. Mit gemeinsamen Kräften setzen die im C³ beteiligten Unternehmer und Wissenschaftler – darunter auch führend Peter Offermann und Chokri Cherif – sukzessive die wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis um. Zu den Beispielen einer erfolgreichen Umsetzung der Carbonbeton-Technologie gehören u. a. die neugebauten Fuß- und Radwegüberführungen in Albstadt und Kempten, die Pavillons in Kahla und Aachen, die sanierte Geschossdecke eines Wohn- und Geschäftshauses in Prag, das sanierte Tonnengewölbe des Finanzamtes in Zwickau, die instandgesetzte Eisenbahnbrücke in Naila oder die sanierten Zuckersilos in Uelzen.